Buchbesprechung

Michelsen, J., Hamm, U., Wynen, E., Roth, E.: The European Market for Organic Products: Growth and Developement. Stuttgart-Hohenheim: 1999, 199 S. (Organic farming in Europe: Economics and Policy; 7), ISBN 3-933403-06-5, ISSN 1437-6512.

Wendt, H., Di Leo, M.Ch., Jürgensen, M. , Willhöft, C.: Der Markt für ökologische Produkte in Deutschland und in ausgewählten europäischen Ländern. Münster-Hiltrup 1999, 162 S., (Schriftenreihe des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Reihe A: Angewandte Wissenschaft, Heft 481) ISSN 0723-7847, ISBN 3-7843-0481-8.

In Wirtschaft und Politik besteht ein zunehmendes Interesse an der Einschätzung der Märkte für ökologische Produkte in Deutschland und Europa. Allerdings sind kontinuierliche statistische Erhebungen und Analysen dieser Märkte bisher kaum verfügbar. Dieses Informationsdefizit versuchen zwei neu erschienenen Studien über die Ökomärkte in Europa und Deutschland zu vermindern.

Die Studie von Michelsen/Hamm/Wynen/Roth ist im Rahmen eines EU-Projektes entstanden. Sie umfaßt die 15 EU-Länder sowie die Schweiz, Norwegen und die Tschechische Republik. Die Materialgrundlage wurde durch eine schriftliche Expertenbefrageung in diesen 18 Ländern geschaffen. Die Ergebnisse wurden in sehr übersichtlichen synoptischen Tabellen zusammengefaßt, die sowohl schnelle Vergleiche zwischen den Ländern als auch zwischen den Produkten erlauben. Die zum Teil erstaunlich großen Unterschiede zwischen den Ländern und den Produkten werden im begleitenden Text erläutert und erklärt. Ein besonderer Schwerpunkt wird dabei auf die Darstellung der Ausgestaltung der Marketinginstrumente (place, product, promotion, price) gelegt. Die Autoren sehen ein erhebliches Nachfragepotential, das durch einen gezielten, professionellen Marketingeinsatz ausgeschöpft werden könnte. Die Erhebung gibt die Situation von 1997 wieder. Angesichts der Dynamik einiger Märkte und dem sicherlich breiten Interesse an diesen Informationen wäre ein kontinuierliches up-date der Erhebung wünschenswert. Aus der wissenschaftlichen Perspektive ist zu bedauern, daß die Arbeit keine synoptische Auswertung der in den verschiedenen Ländern durchgeführten wissenschaftlichen Analysen über die Bestimmungsgründe der Nachfrage nach Ökoprodukten enthält. Sie könnten die Grundlage für fundiertere Prognosen der weiteren Nachfrage und einer effizienten Gestaltung der Marketinginstrumente liefern.

Die Studie von Wendt/Di Leo/Jürgensen/Willhöft befaßt sich schwerpunktmäßig mit Deutschland, gibt aber auch Überblicke über die Nachbarländer Schweiz, Österreich, Dänemark, Niederlande, Großbritannien und Frankreich. Ziel war, den aktuellen Stand an verfügbaren Informationen zusammenzutragen, kritisch zu sichten , systematisch zu analysieren und die Informationslücken aufzuzeigen. Materialgrundlage war in erster Linie die Auswertung der Literatur, der Fachpresse und der ZMP-Erhebungen. Darüber hinaus wurden eigene Erhebungen bei Einzelunternehmen , Institutionen und Verbänden der Branche durchgeführt. Auf diese Weise wurden umfangreiche Informationen über die Nachfrage und ihre Bestimmungsgründe, das Angebot, die Absatzwege, die Verarbeitung und die Preise zusammengetragen. Die einzelnen produktbezogenen Kapitel schließen jeweils mit einem Ausblick. Die Autoren konstantieren in ihrer zusammenfassenden Analyse für Deutschland eine schwache Nachfrage, deren Ursachen nur schwer abzuschätzen seien, da die dazu notwendigen belastbaren Daten und Informationen in weiten Teilen fehlen. Die Verbesserung der quantitativen Marktinformation sei daher ein vorrangig anzustrebendes Ziel, um politische Maßnahmen ausgehend von einer fundierten Analyse konzipieren zu können. Der Verweis auf andere europäische Länder, wo es gelungen ist, den ökologischen Landbau erfolgreich zu implementieren, sollte nicht zu vorschnellen Schlüssen verleiten, auch wenn man davon sicher lernen könne.

Die etwas unterschiedlichen Einschätzungen der weiteren Entwicklung der Märkte für Ökoprodukte in beiden Studien offenbaren ein Dilemma: Es ist ganz offensichtlich, daß die Märkte bis zu einem gewissen Grade "gemacht" werden können, und zwar durch Einsatz öffentlicher Mittel und privater Investitionen in die Märkte. Dies gilt für viele Märkte und sicherlich auch für die Ökomärkte. Ob allerdings solche öffentlichen und privaten Investitionen in die Ökomärkte "lohnen", d.h. sowohl privatwirtschaftlich als auch ökologisch effizient sind, bleibt eine offene Frage, die noch weiter untersucht werden muß.

REIMAR v. ALVENSLEBEN

Lehrstuhl für Agrarmarketing der Universität Kiel

Olshausenstr. 40, 24098 Kiel